Aus dem Hexenkessel: EXTRA-RADIO-Einblendungen hören - in der Halbzeit gegen 17.10 Uhr und am Ende ab 17.50 war es jeweils live! Hier nun der Bericht der frankenpost:

 

Eine Sekunde für die Ewigkeit

Landesligist TV Münchberg gewinnt vor fast 700 Zuschauern das Handball-Derby beim TV Helmbrechts. Martin Lad ist der Held des Abends, nachdem Benjamin Aust nach einem strittigen Zweikampf kurz vor Ende den Ball verliert.

Fotos (von Katharina Hübner)  zum Bericht von Sören Göpel unter www.frankenpost.de

TV Helmbrechts:
Uzun, Seel - Baier (8/davon 4 Siebenmeter), Benjamin Aust (7), Dominik Aust (4), Eckard (1), Müller (4), Polzer (4), Schneider (2), Stark.

TV Münchberg: Weiß, Fleischmann - Bär (3), Jakob Lad (2), Jan Lad (8), Martin Lad (4), Winterstein, Wilfert (2), Swarcz (1), Kalas (4), Sammet (4), Schulz (3)

Schiedsrichter: Binneweiß/Weschenfelder. - Zuschauer: 683. - Zeitstrafen: TVH 3 / TVM 5. - Siebenmeter: TVH 4 / - Spielfilm: 4:2, 9:9, 12:12, 16:19, 19:22, 22:22, 25:24, 27:27, 28:29, 30:29, 30:31.

Die Uhr zeigt 59 Minuten und 45 Sekunden. In der Halle steht die Luft. Menschen plärren. Ihre Hälse sind angeschwollen. Ihre Köpfe rot. Das Adrenalin tropft von der Decke. Wahrscheinlich sind es diese Spiele, weshalb Menschen Sport treiben. Weil Sekunden sie unsterblich machen können. Weil ein Fehler Narben in die Sportler-Seele ritzen kann. Weil es wohl nichts Schöneres gibt, als beim schärfsten Konkurrenten mit der Schlusssirene eine Partie zu entscheiden, über die noch wochenlang an Stammtischen, Imbissen und Klassenzimmern gesprochen wird.

Benjamin Aust, mit sieben Treffern zweitbester Schütze und Kopf der Helmbrechtser Landesliga-Handballer, will auch beim Stand von 30:30 Verantwortung übernehmen. Eine löbliche Sache, doch diesmal geht etwas schief. Der Kapitän verliert den Ball an die Münchberger Abwehr, die hart zupackt, aber nicht zurückgepfiffen wird und den Ball an Martin Lad übergeben kann. Der eilt davon. Als der Ball hinter Cem Uzun das Netz wölbt, zeigt die Uhr 59 Minuten und 59 Sekunden. Die gesamte Mannschaft stürmt den Fan-Block, wo einige Zuschauer vor Freude aufs Spielfeld springen.

Das Handball-Landesliga-Derby zwischen dem TV Helmbrechts und dem TV Münchberg ist kein Spiel, es ist in den letzten 15 Sekunden ein Ereignis. Deswegen gehen Menschen zum Handball. Auch wenn es wehtun kann.

Zuvor sehen die fast 700 Zuschauer in der schon 30 Minuten vor dem Anwurf pickepackevollen Göbel-Halle ein Spiel auf Augenhöhe. Münchberg verschläft den Start völlig, liegt nach fünf Minuten 4:0 hinten. Helmbrechts präsentiert sich hellwach. Die Gäste schenken dem TVH zu viele einfache Tore, stehen defensiv ungeordnet und agieren zu sorglos. Erst nach zehn Minuten ist Münchberg auf Augenhöhe, schafft den Ausgleich zum 9:9 und geht sogar in Führung. Der sehr bewegliche Spielmacher Jan Lad setzt sich in der nun aufgeweichten Helmbrechtser Deckung immer wieder durch. Die Gäste haben nun das Glück und die besseren Torhüter auf ihrer Seite. Nicolas Weiß und Peter Fleischmann parieren kurz hintereinander. Cem Uzun auf TVH-Seite wird ihnen im zweiten Durchgang die Aufmerksamkeit stehlen.

Helmbrechts kommt mit Schwung aus der Pause und schafft 20 Minuten vor dem Ende der Partie den Ausgleich zum 22:22. Die Zeit von Uzun ist gekommen. Diesem Wicht, der den Angreifern die Gedanken klaut. Übertreibungen sind manchmal nicht genug, um etwas zu beschreiben. Handball-Torhüter sind ja verrückte Typen. Uzun tut in diesen Minuten schier unglaubliche Dinge. Seine Finger und Füße sind überall. Bis dahin hat er nicht viele Bälle gehalten. Nun aber die wichtigen. Die Zuschauer schauen sich ungläubig an. Vier Paraden in kurzem Zeitabstand zeigt der Oldie, der sein Team vor einem großen Rückstand bewahrt.

Im Angriff kommt nun die Glanzzeit von Linksaußen Maximilian Baier, der vier Siebenmeter verwandelt und auch aus dem Feld trifft. Die erstmalige Führung zum 24:23 ist die Konsequenz.

Zehn Minuten vor dem Ende beginnt die dramatische Phase. Die Zwei-Minuten-Strafen häufen sich. Nun wird richtig zugepackt. Das Schiedsrichter-Gespann aus Würzburg entscheidet teilweise mit zweierlei Maß. TVH-Trainer Luka Veraja muss permanent beruhigt werden. Die letzten zwei Minuten brechen an. Nun kann der TVM das Spiel entscheiden. Christoph Schulz, bis dahin Schattenspieler auf Rechtsaußen, ohne Bindung zum Spiel, wirft nach einem Alleinlauf am Tor vorbei. Anschließend verwerfen die Helmbrechtser, aber Cem Uzun hält erneut. Seine achte Parade im zweiten Durchgang. "Der Typ ist phänomenal", schreit ein Zuschauer. Er wird später mit versteinerter Miene die Halle verlassen.

Die Schlussminute bricht an. "Ein Remis wäre gerecht", sagt Münchbergs Abteilungsleiter Karl-Heinz Rucker. Sein Pendant, Gotti Aust, heizt als Hallensprecher die Fans nochmal an: "Helmetz, Helmetz." Dann ist es still im Heim-Fanblock. Sören Göpel

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